Luxus 2.0
Haute Digitale
- Länge962 wörter
- Lesedauer3 min 13 sek
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Ein Web für alle. Ein durchaus schöner Gedanke für den Nutzer.
Doch jede Bewegung braucht ihre Gegenbewegung: so besteht auch in den digitalen Medien der Anspruch auf Exklusivität; auf Eleganz und Persönlichkeit - eben jenen Werten und Imageattributen entsprechend, die in jahrelanger Kommunikation aufgebaut wurden. Die Onlinepräsenz soll exklusiv und intim wirken, gleichzeitig mit hochwertigen Gestaltungselementen und individuellem Mehrwert unterfüttert sein. Zudem muss der Auftritt jedoch massentauglich und grundsätzlich für jeden User zugänglich sein; ein Balanceakt für Innovation und Praktikabilität. Einerseits sind Entdeckung, Überraschung und Erstaunen gefordert, andererseits aber auch knallharter Pragmatimus, um unverzichtbare Anforderungen des Web erfüllen zu können. Wer will denn etwa im Webshop wegen des dubiosen Bezahlvorgangs noch Kunden verlieren?
Zur Bewältigung dieser Herausforderungen haben sich diverse Strategien etabliert, die auf die Kommunikation digitaler Hochwertigkeit abzielen.
Strategien - altbewährt oder schlicht veraltet?
Versuch A: Content, Content, Content
Ein überdurchschnittlich hohes Angebot an Inhalten und Informationen spricht für eine hohe Quantität an Ressourcen. Teilweise korrekt, doch entscheidend ist letztendlich die Qualität des Inhalts - kopierte, verlinkte, aber auch schlichtweg irrelevante Informationen hingegen sind nicht mehr als ein paar zusätzliche Bits und Bytes.
Versuch B: Mehr Aufwand für mehr Reize
Großer Einsatz für den Onlineauftritt sind lobenswert - auffällige Reize und Effekte dagegen nicht erstrebenswert. Der Trugschluss, dass sich großer Aufwand auch in großer Inszenierung zeigen muss, ist leider nach wie vor für einige Portale Realität. Ob diese Strategie im Zeitalter der Reizüberflutung und Informationsüberlastung nämlich die richtige ist, darf hinterfragt werden.
Versuch C: Feature-Overload
Eine funktionsreiche Anwendung bietet dem User zahlreiche Möglichkeiten zur Interaktion. Um Exklusivität und digitale Kompetenz zu beweisen, sollte die Verfügbarkeit von Features jedoch nicht ausgereizt, sondern durchdacht werden. Jedes renommierte CMS bietet bereits mehr Features, als ein User je sinnvoll nutzen könnte. Die Auswahl im Hinblick auf Strategie, Werte und Zielgruppe macht den Unterschied aus.
Wie also gelangt man spürbar zu Haute Digitale im Web? Insbesondere der Aspekt der Maßfertigung macht sich bei der Arbeit mit Digitalität bezahlt.
Die Haptik-Problematik
Die Welt abseits der digitalen Medien hat unumstritten einen klaren Wettbewerbsvorteil: die Haptik. Greifen, spüren, anfassen - die Qualität eines Kleidungsstückes etwa wird uns schon beim ersten Anfassen des Stoffes vermittelt, auch hochwertige Verarbeitung im Bereich der Consumer Electronics spricht für ein qualitatives Produkt. Digitale Medien genießen diese Form der Wahrnehmung nicht, sondern müssen andere Wege finden, um qualitative Unterscheidbarkeit zu ermöglichen. Die gesamte Thematik auf ein Schlagwort präzisiert: Haute Digitale.
Richtlinien der Exklusivität
Der Anspruch auf Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit sollte für Agenturen bei jedem Kunden und jedem Projekt Grundanforderung sein. Denn genauso unterschiedlich wie die Kunden selbst gestalten sich auch die Erwartungen an eine Leistung. Es gibt keine standardisierte Herangehensweise, die stets Erfolg verspricht; dennoch lassen sich unserer Erfahrung nach einige Regeln definieren, die für die Umsetzung von Haute Digitale essentiell sind.
Regel 1: Spezialisierung
Jedes Feature, jedes Design und jedes Element muss spezifisch für den jeweiligen Anwendungsfall gestaltet und koordiniert werden. Denn in jenem Moment, in dem ein noch so kleines Detail unspezifisch wirkt, hat der Konsument - vielleicht sogar fälschlicherweise - das Gefühl, dass es sich um vorgefertigte Software handelt. Exklusivität sieht anders aus. Spezialisierte Interfaces und originäre Inhalte sind Qualitätsmerkmale der digitalen Welt.
Regel 2: Fehlerfreiheit
Digitale Medien werden stets nach ihrem schwächsten Glied beurteilt. Inkonsistentes Design, lange Ladezeiten oder mangelhafte Usability haben im Web nichts verloren und landen schnell im Visier einer Crowd, die gemeinhin von einer geringen Fehlertoleranz geprägt ist. Wer einmal enttäuscht, hat schon verloren.
Regel 3: Zeitlosigkeit und Moderne
Wer sich veraltet präsentiert, hat im Web nichts zu suchen; doch wer ständig nur Trends folgt, läuft ihnen auch nur hinterher. Zeitlosigkeit ist das Credo, das es zu erfüllen gilt. Digitalen Medien, die von immer kürzeren Innovationszyklen geprägt sind, darf man ihr Alter nicht ansehen. Ästhetisch und funktional zeitlos wirken sie sogar dann noch in ungetrübter Weise, wenn sie vielleicht einmal nicht mehr brandneu sind.
Regel 4: Maßfertigung
Das Logo in der linken, oberen Ecke, das Navigationsmenü an der oberen Bildkante; in den vergangenen Jahrzehnten haben sich De-Facto-Standards etabliert, die die unzähligen Möglichkeiten der Digitalität auf das immer gleiche Schema beschränken. Alle Aspekte - von Grafiken über Texte bis hin zur dahinterliegenden Software - können maßgefertigt werden und sollten dies auch in Maßen, um Kompetenz und Hingabe zu transportieren. Warum nicht einmal einen Plan selbst zeichnen und integrieren, anstatt Google Maps in der Standardansicht zu verwenden? Warum kein persönliches Icon entwerfen, anstatt jenes einzubauen, das auch die gesamte Konkurrenz nutzt?
Regel 5: Die Freiheit, Dinge tun zu können anstatt zu müssen
Eine Seite mag zwar auch ohne innovative Anwendungen und Features funktionieren, doch gerade dieser zielgerichtete Mehraufwand ist ein Zeichen von Exklusivität. Dieses Ziel zu verfolgen wird jedoch durch die Tatsache erschwert, dass ein solches Plus an Funktionen kein Minus an Usability mit sich führen darf; längere Ladezeiten, erschwerte Orientierung oder zusätzlicher Softwarebedarf sind keine legitimen Konsequenzen. Luxus ist die Freiheit, Dinge machen zu können, die man nicht mehr machen muss, sondern kann. Luxus ist Spielfreude.
Eleganz und Haute Digitale
Um dieses Regelwerk individuell und gezielt umsetzen zu können, bedarf es Menschen, die die nötige Kompetenz besitzen, Limitationen zu erkennen und sie intuitiv auf ihre Überwindbarkeit zu prüfen. Die resultierende Symbiose aus Mehrheitsfähigkeit und Mut zum Kleinen ergibt eine Lösung, die durch leise Töne die größte Wirkung erzielt. Der reduzierte, aber umso gezieltere Einsatz von Bild, Wort und Effekt ermöglicht eine willkommene Flucht aus der digitalen Reizüberflutung, in der es nur um “größer, weiter, besser” geht.
Der Auftritt in jedem einzelnen Medium ergänzt sich dabei zu einer Geschichte mit Akteuren, Handlung und Plot Points. Die dramaturgische Inszenierung eines Unternehmens oder eines Produkts ermöglicht das Erzählen einer Geschichte, die Interesse weckt. In den digitalen Medien stehen dem Storytelling alle erdenklichen Werkzeuge zur Verfügung, die das angestrebte Image aus jeder Perspektive bestärken können. Ist dieser Auftritt entsprechend durchdacht, integriert und einheitlich, dann ist das Produkt glaubwürdig und zeugt von Qualität. Wie es Haute Digitale eben gebührt.
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